„Eine persönliche Erinnerung sei erlaubt: Sie führt in das Jahr 1942 zurück. Gerade hatte ich das Abitur bestanden. Ein naher Verwandter war verstorben, und ich musste zur Beerdigung, fuhr von Koblenz aus nach Polch und hatte dort einen Anschluss auf der Strecke nach Münstermaifeld abzuwarten. Auf dem Polcher Bahnhof herrschte ein unbeschreibliches Getümmel. Verschiedene Bahnsteige und Zugänge waren gesperrt. Ich sehe heute noch das Bild vor mir: Mehr oder weniger schlecht gekleidete Menschen in großer Zahl, viele ängstliche Gesichter, Weinen, teilweise Elendsgestalten, zusammengepfercht, von Uniformierten bewacht, Menschen aller Altersgruppen, Greise und Säuglinge, immer neue Menschentrauben quollen aus Lastwagen, auf die Bahnsteige getrieben, mit Koffern und Pappschachteln beladen, allerlei Habe war in Kissenbezüge (wie in Säcke) verpackt, andere trugen Decken und Federbetten mit sich. Es war zwar trotz aller Betriebsamkeit ein friedliches Bild. Ich hatte als damals Neunzehnjähriger keine Ahnung, um was es ging. Auf Fragen wurde bedeutet, es handele sich um eine Umsiedlungsaktion. Alles verlief minutiös und planmäßig. Bald wurde ein Güterzug an die Bahnsteige rangiert, und die Menschen drängten in die Waggons. Jetzt war die Sicht verdeckt. Schließlich kam auch mein Anschlusszug von Mayen. In späteren Jahren, nachdem 1953 Münstermaifeld mein Wohnsitz geworden war, dachte ich oft, dass sich unter diesen Menschen auch jüdische Familien aus Münstermaifeld befunden haben müssen, die damals, wie jene aller anderen Maifeldgemeinden, in die Vernichtungslager des Ostens „verfrachtet“ worden sind. Datum: 15, Juli 1942. – Als ich nach Hause zurückkam, hatte der Briefträger meinen Einberufungsbefehl zum Militär gebracht.“ (Hans Gappenach, 1987)
Wir kennen die Namen von 68 in Münstermaifeld geborenen Juden, die Opfer der Vernichtungspolitik der NS Zeit wurden. 30 von ihnen wurden ermordet, 38 konnten sich durch Flucht retten. Weitere 14 Juden, die über längere Zeit in der Stadt lebten, wurden ermordet. Von Münstermaifeld als letztem Wohnsitz wurden 26 in die Vernichtungslager deportiert. Diese Transporte brachten die Opfer über Polch (1) von Koblenz (2), Düsseldorf, Dortmund und Trier/Köln in die Vernichtungslager.