Frankenstraße

Samuel Diewald hatte das Haus Frankenstraße 13 im Jahr 1910 erworben. Er war als Viehhändler tätig. Nach seinem Tod 1925 führten die Söhne Josef (*23.03.1897) und Fritz (*06.09.1898) das Geschäft weiter. Beide hatten im 1. Weltkrieg als Soldaten gedient. Mit ihren Söhnen lebte in dem Haus die Witwe des Samuel Setta Hartmann (*17.09.1863) aus Mayen. Ihr erstgeborener Sohn Eduard, der von Leo Hoenig irrtümlich als Opfer des Holocaust angeführt wurde, war noch im Kindbett (*17. 12.1895, +24.12.1895) gestorben. Dieser Zweig der Diewalds war schon vor 1822 aus Wierschem nach Münstermaifeld gekommen. Keiner der Familienvorstände hatte über vier Generationen im Vorstand der Synagogengemeinde oder im Wohltätigkeitsverein eine ausgewiesene Verantwortung übernommen. Im Zusammenhang mit dem zunehmenden Druck auf jüdische Gewerbetreibende wurden seit dem 12. Januar 1937 Josef und Fritz Diewald polizeilich gesucht. Gegen sie war Anzeige wegen Schwarzhandels mit Fleisch erstattet worden. Josef wurde am 15. Januar in seinem Wohnhaus festgenommen und mehrere Tage von der Gestapo in Koblenz verhört. Er kam wieder frei.  Im Mai 1938 erging an alle Bürgermeister des Maifeldes durch den Amtsbürgermeister eine Warnung vor jüdischen Viehhändlern, die ohne Genehmigung weiter mit den Bauern des Maifeldes handelten. Genannt wurden Alex Kaufmann, Julius Marx, Hermann Kaufmann und wieder Josef Diewald. Als besonders problematisch wurde das Verhalten der Bauern bezeichnet, die gerne weiter mit den ihnen seit langer Zeit vertrauten Juden Geschäfte machten. Der Bruder des Josef, Fritz, floh über Luxemburg nach Holland. Bis zum Einmarsch der deutschen Truppen am 10.05.1940 betrieb er in Hilversum einen Viehhandel und eine Metzgerei. Ein Versuch zusammen mit seiner Frau Pauline über den Hafen Velsen nach England zu entkommen, scheiterte. Dank der Warnung eines Beamten der Fremdenpolizei folgte Fritz Diewald am 03.05.1943 nicht der Aufforderung sich nach Vught zu begeben. Hier hatte die deutsche Besatzung das KZ Herzogenbusch eingerichtet. Über 5 Verstecke erreichte das Ehepaar Diewald zusammen mit der Tochter von Paula Diewald, Ellen Ruth Stern, Weihnachten 1943 den Hof von Jakob und Sjoukje Leegsma in Zwaagwesteinde/Friesland, wo sie bis zum Kriegsende überlebten. Nach dem Krieg kehrten sie nach Hilversum zurück, wo Fritz Diewald am 03.07.1987 starb.

Josef Diewald blieb zusammen mit seiner Mutter in Münstermaifeld. Nach dem 10. November 1938 wurde er mit 7 anderen jüdischen Männern aus Münstermaifeld im KZ Dachau in “Schutzhaft“ genommen. Harry Kahn, der sich 1939 noch in die U.S.A. retten konnte, erinnerte sich 2016 an die Tage nach dem 10. November 1938. Alle jüdischen Männer, so Kahn, mussten sich vor dem Abtransport nach Dachau, kahlgeschoren und mit Davidsstern, auf dem Münsterplatz aufstellen. Dieser Bericht ist in seinen Details, kahlgeschoren und Davidstern, zweifelhaft und fand auch vor Ort keine Bestätigung. Ein Zusammentreiben und zur Schau stellen der zur Inhaftierung vorgesehenen Männer ist aber aus anderen Orten bekannt. Im Karneval Münstermaifelds 1938/39 wurden die Verfolgungen nach dem 10, November 1938 mit einem Lied gefeiert. “Auszug der Juden“ Das Lied endet mit der vierten Strophe: “ Und sind dann alle Juden fort, wird Münstermaifeld Luftkurort. Das konnt geschehn nicht bislang, weils hier zu sehr nach Juden stank“. Josef Diewald kehrte aus der ersten Inhaftierung in Dachau am 28. Dezember 1938 nach Münstermaifeld zurück. Die nächste Einlieferung in das Konzentrationslager Dachau am 7. März 1941 überlebte er nicht. Von dort wurde sein Tod am 11. Mai 1941 gemeldet. Wo Setta Diewald die Nachricht vom Tod ihres Sohnes erreichte, ist unklar. 1940 lebte sie noch im Haus Frankenstraße 13. Danach hielt sie sich einige Zeit in dem Haus des Moritz Diewald, Bornstraße 3, auf. Ihr verstorbener Mann Samuel und der Vater des Moritz Diewald, David, waren Cousins. Die Bornstraße 3 war als Aufenthaltsort von Setta Diewald auf der Deportationsliste des Transportes X/1 am 27.07.1942 von Trier über Koblenz und Köln nach Theresienstadt angegeben.  Wer von der Familie des Moritz Diewald zur Zeit ihres Aufenthaltes sich noch in der Bornstraße 3 befand, ist nicht bekannt. Neben Setta Diewald waren Johanna Bender, Hannchen Wolf, Amalie Marx und Bertha Kaufmann auf der Liste des Transports nach Theresienstadt verzeichnet. Es sind dies die Frauen, die vor ihrer Deportation im “Judenhaus“ Schweiz 234, das nach dem Krieg abgerissen wurde, interniert waren. Nach dem Bericht einer Augenzeugin wurde Setta Diewald auf dem Weg zum Abtransport vor dem Rathaus von dem Gendarmerie-Hauptmeister G. misshandelt. Setta Diewald, 78 Jahre alt, überlebte die Deportation nach Theresienstadt nur um wenige Tage. Als Todestag wurde der 6. August 1942 gemeldet.

 

Die Nummerierung der Bildhinweise im Text entspricht der Bildfolge von links.