Münsterplatz I

Vom Paradies, dem Eingang zur Stiftskirche, schauen wir nach links auf die Nachpflanzung der Gerichtslinde (1), unter der in den Zeiten der Weistümer das Recht gefunden wurde. Auf dieser Linde wehte am 9. April 1798 die Freiheitsfahne (2). Der Freiheitsbaum sollte den Anbruch einer neuen Zeit verkünden. Auch für die Juden Münstermaifelds änderten sich die Lebensbedingungen entscheidend. Vom 16. Mai 1798 an galt Niederlassungsfreiheit auch für die Juden, die Beschränkungen der Juden-Ordnungen des Erzbischofs und Landesherren entfielen. Es beginnt ein Zuzug von Juden in die Stadt. Nur Wierschem blieb bis zur Mitte des 19. Jh. noch ein eigenständiger Standort jüdischen Gemeindelebens mit einer Synagoge und dem Friedhof im Eltzer Wald.
Mit dem kaiserlichen Dekret vom 12. Juli 1808 erhalten 71 Juden aus Pillig, Wierschem  und Münstermaifeld, im Rathaus (3) neue, bürgerliche Namen. Das Dekret von 1808 sollte mit der Annahme fester Familiennamen Ordnung und Kontrolle sicherstellen. Seit 1808 lassen sich die Familiengeschichten der Bender, Diewald, Kaufmann, Marx und Oster zurückverfolgen. Direkt gegenüber dem Paradies blicken wir auf die Propstei (4), seit 1897 Sitz des Amtes Münstermaifeld, in dem auch die standesamtlichen Eintragungen erfolgten. Mit Gesetz vom 17.08.1938  wurden die Juden gezwungen, hier den zusätzlichen Vornamen Sara und Israel in die Geburtsurkunde eintragen zu lassen. War mit der Annahme von Familiennamen 1808 auch die Integration der Juden beabsichtigt, so wurden sie mit dem Gesetz von 1938 weiter ausgegrenzt. Mit dem Kontrollratsgesetz vom 20.09.1945 wurden die Zwangsnamen wieder gelöscht.

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