Besuch aus Südafrika

Am frühen Nachmittag trafen sich Familie Bloch und die Vorsitzende des Fördervereins Ulrike Elz-Eichler, begleitet von Ruth Cremer, ihrem Ehemann Klaus und Annegret Clasen am Tor zum Jüdischen Friedhof in Mertloch. Die Grabsteine der Urgroßeltern von Marion Bloch, der Ururgroßeltern ihrer vier Kinder, die sie auf ihrer Spurensuche begleiteten, waren dank des Grabsteinplans, den Leo Hoenig angefertigt hatte, schnell gefunden. Es sind die Grabsteine von Friedrich Wilhelm Anschel, geb. 22.03.1850 in Polch, gest. 12.01.1902 in Polch und der seiner Ehefrau Auguste, geborene Oppenheimer. Auguste wurde am 15.02.1840 in Neckarsteinach, heute Kreis Bergstraße in Hessen, geboren, sie starb am 24.08.1916 in Polch. Friedrich Wilhelm war von Beruf Pferdehändler. Ihm gehörte das Haus St. Georgenstraße 13.

Das Ehepaar hatte eine Tochter, Mathilde, geb. am 05.11.1876 in Polch. Sie heiratete am 23.05.1902 den Pferdehändler Isidor Frenkel. Isidor wurde am 12.05.1874 in Merzig geboren. Das Ehepaar hatte 3 Kinder, 2 Söhne, Max und Alfred und eine Tochter Lena. Isidor übernahm das Haus der Eltern von Mathilde. Er verkaufte das Haus 1939 noch rechtzeitig, um seine Familie nach Südafrika, Johannesburg, retten zu können. Isidor starb am 21.06.1955 in Johannesburg, seine Frau Mathilde am 16.08. 1945 ebendort.

Sein Sohn Max, geb. 07.04.1903 in Polch, heiratete am 04.06.1943 in Johannesburg Irma Katz, geb. am 19.11.1913 in Weiden, Oberpfalz. Max und Irma sind die Eltern von Marion Bloch. Sowohl Marions Eltern als auch die Großeltern starben in Johannesburg. Über den beiden Grabsteinen in Mertloch betete die ganze Familie Psalmen und ehrte die Toten mit den Steinen, die sie mitgebracht hatten.

Marion Blochs Urgroßvater hatte 4 Brüder. Sein Bruder Samuel, der am 06.06.1927 in Polch starb, dessen Grabstein nicht mehr identifiziert werden konnte, hatte 2 Söhne, Moritz und Isidor, die mit ihren Ehefrauen Opfer der Shoah wurden. Von seinen 4 Enkeln wurden zwei, Wilhelm und Ernst ebenfalls Opfer des Holocaust. Der Grabstein der Ehefrau von Samuel, Regina, ist noch gut lesbar vorhanden.

Ein anderer Bruder, Benjamin, besaß das Haus Kirchstraße 266, das 1927 abgerissen wurde. In diesem Haus befand sich bis 1877 der Betraum der Juden Polchs. Erst 1877, 10 Jahre nach Beginn der Planungen, war die Synagoge in der Ostergasse fertiggestellt worden.

Das nächste Ziel der Familie Bloch war die Synagoge, die Herr Georgi vom “Förderverein ehem. Synagoge Polch“ den Besuchern zum Nachmittagsgebet öffnete. Für Marion Bloch war die Vorstellung, dass ihr Vater in diesem m Raum mit der Bar-Mizwa zum ersten Mal  zum Lesen aus der Thora gerufen wurde, besonders bewegend.

Mit Spannung sah Familie Bloch dem nicht angemeldeten Besuch des Hauses von Friedrich Wilhelm Anschel, St. Georgenstraße 13, entgegen. Das kleine Haus steht noch, die heutige Bewohnerin sah sich überrascht einer Gruppe von 9 Personen gegenüber, auf deren Bitte das Innere des Hauses sehen zu können, sie verständlicherweise reserviert reagierte. Marion Bloch und Frau Cremer als Dolmetscherin konnten dann eintreten. Marion Bloch war sichtlich überrascht vom bescheidenen Zuschnitt des Lebens ihres Urgroßvaters. Die draußen Wartenden kamen ins Gespräch mit Anwohnern, die von den baulichen Veränderungen durch den Abriss der zum Haus früher gehörenden Wirtschaftsgebäude erzählten.

Ein Gespräch der Familie Bloch mit Frau Kahn, der Ehefrau des verstorbenen langjährigen Vorsitzenden der Kultusgemeinde Koblenz Dr. Heinz Kahn, beschloss die Spurensuche im Maifeld. In dem Gespräch ging es auch um die bis heute ungeklärte Frage, wann und vom wem der Friedhof geschändet worden war. Bei der Wiederaufrichtung der Grabsteine in den 60iger Jahren kann es zu falschen Zuordnungen gekommen sein.

Für den nächsten Tag hatte sich Familie Bloch einen Besuch in Weiden, dem Geburtsort ihrer Mutter bzw. Großmutter Irma, vorgenommen.

 

1. Bild, obere Reihe: Ulrike Elz-Eichler, Dina Lever (Bloch), Marc, Wayne, Marion Bloch, Annegret Clasen, Ruth und Klaus Cremer, Jonathan Bloch

2. u. 3. Bild obere Reihe: Das Haus von Friedrich Wilhelm Anschel, St Georgenstraße 13, mit der Familie des Urgroßvaters oder des Großvaters von Marion Bloch und das Haus heute.

4. Bild, obere Reihe: Marion Bloch vor dem Grabstein ihrer Urgroßmutter.

5. Bild, untere Reihe: Die wieder aufgerichteten Grabsteine des Friedhofes.

6. u. 7. Bild untere Reihe: Die ehemalige Synagoge zu Polch.